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Rituale ohne Kirche?

WELCHE RITUALE BLEIBEN UNS? UND WIE FINDEN WIR SIE?

Rituale ohne Kirche?
pexels knutsen
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Alexandra Kossowski Kolumne 'LEID & FREUD'
Q3 2023

Wie sterben und trauern wir, wenn Kirche keinen Stellenwert mehr hat? Welche Rituale bleiben uns? Und wie finden wir sie?

Tod und Kirche

Trauer, Tod und Sterben sind immer noch kirchlich „besetzt“ beziehungsweise verankert. Der Tod, das Jenseits waren immer religiös verortet und vor allem auch begleitet.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber aktuell denke ich bei Kirche vor allem an Prozesse um Kindesmisshandlung, nicht mehr zeitgemäße, patriarchalische Hierarchien und sehr eingestaubte Sichtweisen. Ich weiß, dass es viele Pfarrerinnen und Pfarrer gibt, die ihr Bestes versuchen und geben. Die modern denken, inklusiv, LGBTQIA+ friendly sind, die Individualität leben wollen.
Checkt mal Maike: „Queer, Feminist, Pfarrerin unter dem Himmel Berlins, radical & soft, like Jesus!?“[*]

Kirchenaustritte bedeuten nicht automatisch, dass Menschen nicht mehr glauben. Ohne kirchliche „Glaubensvertreter: innen“ benötigen wir jedoch auch neue Menschen, die Rituale entwickeln, durchführen und vor allem individuell gestalten.
Hier sehe ich vor allem freie Rednerinnen und Redner, die immer mehr auf Beisetzungen und auch Hochzeiten werden. Bestatter*innen, die zu Zeremonienmeister*innen werden (müssen). Sterbe- & Trauerbegleiter*innen, die im Abschied und in der Bewältigung zur Seite stehen.

In der Bestattung bin ich auch immer wieder auf die Frage gestoßen: „Und was macht ‚man‘ jetzt?“
Familien, die keine Ahnung hatten, wie man eine Beisetzung gestalten darf, soll oder kann. Das klassische Bild ist noch in den Köpfen der Menschen: Die christliche Trauerfeier, gehalten von einem:r Pfarrer:in auf einem christlichen Friedhof. Aber was, wenn das gar nicht zur Familie passt?

Der Wunsch nach Individualität und Unabhängigkeit

„Zwar sind die Verbindungen trotz der Trennung zwischen Kirche und Staat noch immer vielfältig, breite Teile der Gesellschaft agieren jedoch zunehmend unabhängig vom kirchlichen Leben. Insbesondere junge Menschen haben sich abgewandt. Andere Lebensentwürfe sind dadurch in den Mittelpunkt gerückt.“[**]

Und diese anderen Lebensentwürfe passen nicht mehr in das Bild der christlichen, heteronormativen Familie mit Kind(ern).

Kleine Anmerkung am Rande: Die katholische Kirche hat erst in den 1960ern offiziell die Kremierung als Bestattungsform anerkannt. Was heutzutage einen Großteil der Bestattungen ausmacht, wurde noch bis vor 70 Jahren verpönt, weil es nicht in das christliche Bild der Auferstehung passte (wie Menschen bestattet werden hat immer mit der Überzeugung zu tun, was im „Danach“ passiert).

Tod und Kirche
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Was sind Rituale und wozu sind sie wichtig?

Eine Hochzeit ist ein Ritual. Silvester. Eine Beerdigung. Nicht zu verwechseln mit den modernen „Daily Rituals“, Gewohnheiten, die uns durch den Alltag helfen sollen.

Rituale markieren immer einen Übergang. Von solo zu verheiratet. Viele Kulturen haben Initiationsriten für Jugendliche, um den Übergang zum Erwachsenwerden zu markieren. Gemeint ist hier vor allem das Gefühl: „Vorher bin ich so, nach dem Ritual bin ich anders.“
Wir könnten theoretisch Menschen einfach nur durch eine:n Bestatter:in beisetzen lassen und es wäre ebenfalls „erledigt“. Die Trauerfeier, die Abschiednahme, die Auswahl der Kleidung für die Verstorbenen und für uns selbst, das ganze Prozedere machen aber etwas mit uns. Deswegen ist es so wichtig, dass wir es individuell und passend gestalten, damit auch das „passende“, gewollte Gefühl aufkommt. Und dass wir diesen aufwendigen Prozess würdigen, auch die Zeit, die es dafür braucht.
Die Frage sollte immer sein „Wie wollen wir uns fühlen dabei und danach?“
Was ich hier beschreibe ist Teil des Trauerns. Trauer an sich ist eine Art Ritual, ein Prozess, der uns zu einem neuen Gefühl (ohne eine geliebte Person) begleitet.

Und es braucht Menschen, die diesen Prozess individuell begleiten können. Ich habe es leider oft im kirchlichen Rahmen erlebt, dass Rituale nach Vorschrift durchgeführt werden. Dass auch Pfarrer:innen nicht in der Lage oder nicht bereit waren auf individuelle Wünsche einzugehen. Dass die Menschen als gleichgesehen werden und die Rituale der Kirche einfach für jede:n passen sollen. Das funktioniert in der heutigen Gesellschafft leider nicht mehr.
Und das ist genau das, was die Kirche gerade zu spüren bekommt.


[*] https://www.instagram.com/ja.und.amen/

[**] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/kirchenaustritte-2023-immer-weniger-mitglieder-warum-austritte-erneut-auf-rekordhoch-sind/28423608.html


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