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Erst wenn man jemanden durch den Tod verliert, kann man Ermessen, was Trauer und Verlust bedeutet. Die von der Gesellschaft erwartete schnelle Bewältigung der Trauer entspricht nicht dem wirklichen Leben. Es ist ein Zyklus, ein Auf und AB, ein Verabschieden und Begrüßen. Es gibt keinen Zeitrahmen und Trauer kann zeitlos sein.

Meine Erfahrung nach dem Tod meines Freundes Gerhard festgehalten in 4 Prosa-Kurzgeschichten und 2 Gedichten.

Brief an einen Freund

Kein Kampfeswille, kein Lebenswille – das war das, was ich beim letzten Besuch bei Dir mitgenommen habe. Verzweiflung und Resignation begleiten Dich. Ungeduld, weil es nicht so schnell besser geht wie erwartet. Dein Gedankenkarussell fährt Tag um Tag mit Deiner Krankheit und Deinem Schmerz unendliche Runden. Und ganz im Mittelpunkt des Geschehens steht der kleine Gerhard und fragt sich: Warum nur soll ich mich zusammenreißen ? Warum soll ich kämpfen? Warum, wo ich doch so unwichtig bin …

Unwichtig und doch wissen, dass Gerlind, Merle und Flo Dich brauchen. Aber es geht nicht ums gebraucht werden, nicht wahr? Du suchst für Dich nach dem Grund weiterzuleben. Und ob es da nützt, wenn ich dir schreibe, warum Du weiterleben sollst – wäre es nicht auch nur eine Aufzählung, warum Du für MICH weiterleben sollst. Wir suchen ja nach einem Grund, der für DICH wichtig ist.

Und doch wolltest du hören, warum ich Dich brauche. Es kam so plötzlich und fremde Ohren waren gespitzt, so dass ich es nicht so richtig in Worte fassen konnte. Deshalb der heutige Brief:

– Du bist meine alte Seele, in der ich mich spiegeln kann, der ich mich ganz und gar zeigen kann , im tiefen Vertrauen nicht verletzt zu werden (und du weißt genau, wie groß meine Angst davor ist) …

Du bist meine moralische Instanz, rückst mir den Kopf zurecht, weist mich auf DIE Aufgaben hin, die ich noch zu lernen habe. Du bist also mein Lehrer , mein mit Weisheit gefülltes Gegenüber, der mich teilhaben lässt an seiner Gedankenwelt

Du bist mein Weltenöffner, betrachtest mit mir meine Gedanken, meine Wege , meine Träume – zeigst mir die Welt rechts und links von meiner Wirklichkeit (oder war es meiner Wahrheit).

Du bist meine Inspiration. Für jemanden muss ich meine Texte schreiben, meine Gedanken auf Papier fassen, weil ich weiß, ich bekommen eine ehrliche und offene Rückmeldung ohne Eitelkeit, sondern im festen Glauben auf gute Literatur.

Du bist mein Trostbär, du bist mein BÄR (und ich muss wohl doch noch das Traumbuch haben). Mein BÄR heißt , dass Du alles bist. Alles was wichtig ist, alles, was ich sehe, höre aber viel wichtiger, was ich spüre und denke.

Du bist meine Kraftquelle (Obwohl Du oft so phlegmatisch bist, dich in Deinem Leid suhlst und auf Mitleid hoffst – oder war es Mitgefühl??). Nach jedem Besuch bei Dir zu Hause, fahre ich gestärkt nach Hause. Gespräche, Gedanken , die in mir wirken, begleiten mich und ich fühle mich reich beschenkt – ganz besonders während Deiner Chemozeit …

Also, vielleicht kann ich Dir keinen Grund für DICH geben, weiterzuleben und weiterzukämpfen. Vielleicht nur Gründe, warum Du für MICH kämpfen/leben sollst.

Ach ja, und wir haben gemeinsame Projekte wie die Domino-Lesung, Reformation der SWS, philosophischer Literaturkreis , die wir umsetzen müssen. Wie soll ich das jemals schaffen – ohne Dich. Außerdem braucht die SWS Dich als kritischen Zuhörer und Lesetrainer. Wir brauchen Deine Texte, um zu diskutieren, zu feilen und und und … Du wirst vermisst !!!!

Aber ein ganz wichtiger Grund ist

ICH HAB DICH SO LIEB WIE BIS ZUM HIMMEL UND ZURÜCK – SELBST WENN WIR OFT NICHT EINER MEINUNG SIND

(…und dass das geht, habe ich durch Dich gelernt)

Ich muss noch viel lernen von Dir – also Du hast noch eine wichtige Aufgabe, die Du zu erfüllen hast, …  (bitte nicht aufgeben !!!)

Ich umarme Dich ganz fest und wünsche Dir, lieber Gerhard, mein Freund, mein BÄR alles Liebe zum Geburtstag

Dein Kuschel-Bär

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