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Vor etwas mehr als einem Jahr hatte ich kaum Berührungspunkte mit der Trauer. Doch der Tod eines geliebten Menschen kann einen den Boden unter den Füssen wegreißen. Als mein Mann plötzlich verstarb und ich mit 4 Kindern alleine dastand, war ich anfangs völlig fassungslos! Nichtsahnend, was auf mich zukam, funktionierte ich einfach weiter.

Es ist als wie man in ein riesen Loch fällt. Egal, ob der Tod langsam durch eine Krankheit oder plötzlich durch einen Unfall oder unglücklichen Zufall kommt: Es ist unmöglich sich auf den Schmerz vorzubereiten. Er ist allmächtig. Er ist eine Schwere, die einen lähmt. Ich glaube es gibt kaum Worte, die beschreiben, was ich fühlte, als mein geliebter Mann diese Welt verliess!

Leider ist es Realität: Mein Mann, mein Ein und alles, starb im November 2019 völlig aus dem Nichts. Die gemeinsamen vier Kinder waren alle noch minderjährig zwischen 4 und 16 Jahren jung. Ich war gerade 40 Jahre alt. Erinnern kann mich noch an jedes Detail. Doch sein Geruch werde ich nie mehr riechen können!


Es kommt Unglaubliches
auf einen zu mit dem Tod


Es war unglaublich, wie viele unerwartete Dinge ich zu erledigen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass die Administration nicht mehr aufhörte. Die Beerdigung als erstes, weiter, die Überführung in die Kirche, dann alle Umschreibungen und Abmeldungen von Verträgen, etc. Vorkommen kann auch, dass man plötzlich ohne Bankkarten da steht, da per Gesetz alle Bankkonti vom Verstorbenen (oder alle gemeinsamen) gesperrt werden. Als Vorsorge, wäre es geschickt, Ehepartner hätten auch noch ein Konto nur auf den eigenen Namen. In jedem Fall ziehen sich die administrativen Aufgaben ziemlich in die Länge. Bei uns gab es noch die Einschaltung vom KESB (Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde Schweiz) um das Kindeswohl zu hüten während der Erbverteilung. Das ist zwar Gesetz, aber es führte bei mir psychologisch noch zu einer zusätzlichen Belastung.


Mein Umfeld unterstützte uns anfangs sehr gut


Mit seinem Tod und der Trauer wurde ich sehr hektisch. Ich konnte kaum schlafen und die Konzentrationsprobleme wurden immer stärker. Weiter hatte ich eine Ablehnung, Dinge alleine zu tun, die ich leidenschaftlich zusammen mit ihm immer getan hatte. Darunter fielen sowohl die Einladungen von Freunden zu uns nach Hause,  gesellschaftliche Events. Doch auch alltägliche Dinge, wie Kochen fielen mir sehr schwer und ich konnte es nicht mehr: einmal verbrannte ich das Essen, das andere Mal war es ohne Salz, etc. Wenn mich also Freunde gefragt haben, was ich für Hilfe bräuchte, bat ich um gekochte Mahlzeiten. 

Glücklicherweise haben wir viele Bekannte (auch viele Expats), die sehr fein und gerne kochen und uns den Tiefkühler mit Essen füllten. Mehrere andere Bekannte boten ihre Hilfe an beim Putzen oder beim Kinderhüten. Es war wunderschön von ihnen allen getragen zu werden. Von Dezember bis Mitte März waren wir gefühlt nie alleine. In unserem Haus gingen Familie, Freunde und Bekannte ein und aus.

Dann kam Corona und das ganze Netzwerk brach zusammen


Mit dem Lockdown sassen wir plötzlich zu fünft alleine da. Es zogen sich alle zurück! Jede/r hatte Angst! Gott sei Dank gab es ab der zweiten Woche Betreuungsangebote der Stadt und von freiwilligen Helfern für die Schulkinder. Somit waren sie teilweise aus dem Haus und hatten Menschen, die sich um sie sorgten.

Ich persönlich aber fiel in ein Loch, da ich nach dem ersten schlimmen Verlust auch das neu aufgebaute und funktionierende Netzwerk verlor. Ich fühlte mich sehr schlecht und fing an wie eine verrückte zu joggen. Das Resultat war eine Sehnenscheidenentzündung, die mich wieder mehr ans Haus fesselte! 

Mein Alltag bestand aus Speisen zubereiten, Home Office, Putzen, Waschen UND Homeschooling. Ich stand morgens um 6 Uhr auf und hatte keine Ruhe bis 22 Uhr. Freunde, Familie und Bekannte riefen immer seltener an und wenn, dann war das Top-Thema der Corona-Virus. Ich empfand es als lächerlich. Hatte ich doch gerade die Erfahrung mit dem Tod gemacht, empfand ich diese gemachte Panik als übertrieben. Meine Meinung war, dass das Leben ein Ende findet, wenn es denn so bestimmt ist. Auch war der Tod für mich so präsent, dass ich nicht immer damit konfrontiert werden wollte. Doch alle sprachen nur noch von den Corona-Toten! Mir kam es so vor, als hätte die Pandemie die Macht des von uns erlebten Schicksalsschlag übernommen. 

Wegen der Corona-Pandemie blieben wir mit unserer Trauer alleine

Auffallend war, wie viele uns nahestehenden Menschen uns plötzlich nicht mehr anriefen, geschweige denn besuchten. Wir waren in unserer Trauer einfach alleine gelassen! Seit März habe ich selbst Familienmitglieder nicht mehr gesehen. Vielleicht hätten wir es besonders nötig gehabt weiter getragen zu werden, doch durch die Pandemie vergassen die Leute uns richtiggehend. Der Standardspruch bei jedem telefonischen Kontakt war: “ich komme dich dann besuchen, wenn das alles vorbei ist” – so verblieben wir mit den meisten Menschen! Doch Trauernde brauchen Trost. Sie brauchen Gesellschaft und Umarmungen! 

Bestimmt gibt es auch Menschen in unserem Umfeld, die genauso wie ich leiden, dass sie uns in dieser schweren Zeit keine Nähe geben können. Doch die Distanz, wenn sie auch nur zwei bis drei Meter betrug, fühlte sich oft unüberwindbar an. Es war wie in einem schlechten Traum und es hat mich innerlich fast zerrissen.

Bewusst oder unbewusst suchte ich nach Menschen, denen die Corona-Pandemie egal war. Die in der Lage waren, mich oder die Kinder normal zu umarmen. Die uns besuchen, ohne unüberwindbare Distanz, etc. Vielleicht ist das leichtsinnig, aber es hat uns getröstet.

Noch heute leiden wir am gesellschaftlichen Vakuum, aber es gibt doch ein paar Menschen, die mit uns einen richtig guten Kontakt pflegen. Das brauchen wir einfach!

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