&noscript=1" />
Claudia Simon

In diesem Format lernst du vielseitige Menschen und ihre Berufung kennen. Unsere Gäste stellen sich mutig den Fragen über die eigene Endlichkeit und schenken dir einen spannenden Einblick in ihr Leben.


Endlich reden : Claudia Simon

Welchen Einfluss hat der Tod auf dein Leben?
Tatsächlich wurde ich schon sehr früh mit dem Thema Tod konfrontiert. Als ich 4 Jahre alt war, verstarben meine Urgroßeltern. Mit 5 habe ich dann meinen Opa väterlicherseits verloren. Das Einzige, woran ich mich noch besonders gut erinnern kann, ist, dass sich mein Opa immer den Mauerfall gewünscht hat (ich bin in der DDR geboren). Und dann ist er tragischer Weise ein Jahr vor dem Mauerfall verstorben. An ihn muss ich bis heute immer ganz fest denken, wenn ich am 3. Oktober die Berichte zur deutschen Wiedervereinigung sehe.


Meine (Lieblings-)Oma habe ich dann mit 16 am Krebs verloren. Das war ein sehr tiefer Einschnitt in meinem Leben. Ich werde nie vergessen, wie sie einmal ihre Chemotherapien verschoben hat, um einmal in ihrem Leben Island sehen zu können. Die ganze Familie war zunächst fassungslos, wie sie so verantwortungslos handeln konnte. Ich bewundere sie allerdings bis heute zu diesem Schritt. Und bis heute ist sie definitiv ein großes Vorbild für mich.

Während Kinder zu DDR-Zeiten Familienangehörige im Krankenhaus nicht besuchen durften, war das nach der Wende zum Glück möglich. Ich war regelmäßig bei meiner Omi im Krankenhaus. Habe sogar auf ihren Wunsch mit meinem Papa abends heimlich Bier ins Krankenhaus geschmuggelt. Denn sie liebte es, zum Abendbrot ein Gläschen Bier zu trinken. Das war auch einer ihrer letzten Wünsche, den ich ihr so mit meinem Vater erfüllen konnte.
Sie so gebrechlich im Krankenhaus zu sehen, war alles andere als leicht für mich. Trotzdem wollte ich sie immer wieder besuchen – ja habe sie sogar am Ende mit der Schnabeltasse versorgt – und konnte so ein stückweit von ihr Abschied nehmen.


Mit Beerdigungen tue ich mich allerdings bis heute schwer. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir in unserer Familie insgeheim doch alleine trauern. Und das Thema Tod in unserer Gesellschaft ja bis heute ein Tabuthema ist. Oft wünsche ich mir Beerdigungen, wie sie in Mexiko zelebriert werden. Natürlich wird auch dort getrauert. Aber der Tod ist dort ein bewusster Teil des Lebens. Und den „dia de los muertos“ könnten sie gern auch in Deutschland einführen. Wie schön wäre es doch, wenn auch wir uns der Toten fröhlich gedenken könnten?


Auf Hawaii konnte ich beobachten, wie die Einheimischen ihren Sonntagskaffeeklatsch einfach mit der ganzen Familie auf dem Friedhof zelebrierten. Sie saßen auf ihren Klappstühlen am Grab, unterhielten sich angeregt, aßen dabei ihre Leckereien und legten auch etwas für den Verstorbenen aufs Grab. Manchmal war es eine Flasche Bier, manchmal Tabak, manchmal ein Stück Kuchen.


Diesen selbstverständlichen Umgang mit dem Tod würde ich mir auch für Deutschland wünschen.

Denn ich weiß noch, wie meine Mutti auf der Beerdigung des 12jährigen Sohnes einer guten Freundin zusammenbrach. Für mich war es schon sehr hart, einen Kindersarg sehen zu müssen. Aber bei meiner Mutti schienen all die Erinnerungen aus ihrer Jugend hochgekommen zu sein. Als sie 17 war, verlor sie ihren 1 Jahr jüngeren Bruder bei einem Arbeitsunfall. Ein Jahr später starb dann auch noch ihr Vater an Krebs. Ich habe beide nie kennengelernt und weiß bis heute fast nichts über sie. Sowohl bei meiner Mutter als auch bei meiner Oma stehen Fotos von beiden, aber gesprochen wird über sie fast nie.


Und das finde ich schade. Denn umso schmerzhafter kommt mir dann immer der Verlust einer Person vor. Bis heute gehe ich nicht gern auf Friedhöfe. Bis heute graut es mir immer wieder aufs Neue, wenn ich eine Beerdigung besuche. Die Trauer übermannt mich dann plötzlich und ich weiß nicht wohin mit all meinen Emotionen. Gefühlt geht es allen anderen genauso. Und trotzdem wird dieses Thema nach einer Beerdigung meist gemieden.

Welche drei Dinge möchtest du erreicht oder erlebt haben, bevor du stirbst?
Eins dieser Dinge habe ich mir bereits erfüllt: eine Reise nach Hawaii. Ich weiß noch ganz genau, wie mir vor Freude Tränen in die Augen schossen, weil ich so überwältigt von der Landschaft Kauai’s war.


Des Weiteren möchte ich einmal in meinem Leben Polynesien bereist haben.

Und eigentlich hätte ich auch gern ein Kind. Aber da macht mir leider die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Deshalb fände ich es schön, wenn mein Lebensabend ähnlich wie in dem Song von Peter Fox „Ein Haus am See“ aussehen würde: all meine Freunde kommen mit ihren Kindern oder Enkeln ganz oft zu Besuch und wir lassen es uns einfach nur gut gehen. Das wäre wirklich schön. 🙂

Was für eine Art Sterben wünschst du dir?
Ich möchte gern zu Hause im Kreise meiner Liebsten sterben.

Wo brichst du ungeschriebene soziale Regeln?
Bisher habe ich keine gebrochen. Im letzten Jahr verlor allerdings eine gute Bekanntin völlig unerwartet ihren Mann. Sie hat es über Umwege geschafft, dass sie die Urne ihres Mannes zu Haue aufbewahren darf. Und einen Teil seiner Asche tragen sie und seine Töchter in einem Kettenanhänger immer bei sich. Ich glaube, das würde ich in ihrem Fall ganz genauso machen wollen.

Gibt es eine besonders wertvolle Erfahrung mit dem Tod, welche du gerne teilen möchtest?
Das Erlebnis auf dem hawaiianischem Friedhof gehört zu einem der Ereignisse. Dieser offene und völlig selbstverständliche Umgang mit dem Tod als natürlicher Bestandteil des Lebens – diesen wünsche ich mir nur allzu sehr. Ich glaube, dass würde auch vielen diese große Angst vor dem Tod nehmen.


Wer ist : Claudia Simon

WHAT’S BAD FOR YOUR HEART IS GOOD FOR YOUR ART.“

Rachel Wolchin

– treffender kann man die Kunst von Claudia Simon nicht beschreiben.

Claudia Simon

Kunst war schon immer Claudias Lebenselixier. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass sie nach ihrem Abitur u.a. Kunstpädagogik in Leipzig studierte, um anschließend als Kunstlehrerin zu arbeiten. Bis dann vor einigen Jahren ein vermeintlicher Traumurlaub in den Tropen ihr Leben komplett auf den Kopf stellte. Sie erkrankte in diesem Urlaub so schwer, dass in ihrem Leben auf einmal rein gar nichts mehr ging. Die Folge: chronisches Fatigue-Syndrom, wodurch für Claudia gefühlt nur noch ein Leben im Schneckentempo möglich ist. Nach einem großen emotionalen Einbruch bekam allerdings die Kunst für sie eine völlig neue Bedeutung. Claudia entdeckte in dieser Zeit das Sticken für sich. Zunächst als pure Form des Meditierens. Später als völlig neue Möglichkeit ihre Grafiken im wahrsten Sinne des Wortes fühlbar zu machen. Stich für Stich fand sie so einen Weg, ein Leben in ihrem ganz eigenen Tempo zu führen – fernab der schnelllebigen, rastlosen Leistungsgesellschaft.

Während Claudias Stickbilder meist die Langsamkeit zelebrieren und zum Innehalten einladen, zaubern ihre Handcut-Stencil dem Betrachter oft ein großes Lächeln ins Gesicht. Denn auch für die 37jährige gibt es nichts Schöneres als Lachen.

Getreu dem Motto AUS ALT MACH NEU UND WERDE WIEDER NEU! verwendet Claudia nur gebrauchte Materialien für ihre Kunst & haucht ihnen über ihre Motive ein völlig neues Leben ein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Related Posts

GUTEN ABSCHIED

Ein Kapitel schließt sich. Das viaMAG sagt Tschüss. Doch die Geschichten und Erfahrungen bleiben. Tauche ein in die Welt des viaMAG.

Total
5
Share
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner