Koch

Irgendwann kommt es in jede Familie: Das Abschiednehmen und die anschließende Trauer. Immer noch wird viel zu wenig darüber gesprochen, wie wir als Eltern unsere Kinder dabei unterstützen können. Der natürliche Reflex ist oft, es von den Kindern fernzuhalten. Sie davor zu beschützen. Ihnen nicht zu zeigen, wie es uns wirklich geht. Aber, sind wir mal ehrlich, das geht nicht.

Wir Eltern wissen, wie eng wir mit unseren Kindern verbunden sind. Auf einer energetischen Ebene bekommen sie alles mit. Umso sinnvoller ist es daher, sie nicht abzuhalten, sondern aktiv einzubeziehen und ihnen Freiraum für die Gestaltung ihres eigenen Trauerprozesses zu geben. 

Viel gelernt aus eigener Erfahrung

In diesem Jahr war ich damit in besonderer Weise konfrontiert: Im Januar ist unsere langjährige Tagesmutter verstorben. Sie hat gerade noch ihren 60. Geburtstag geschafft und hinterlässt ihren Mann, fünf Kinder und acht Enkelkinder.

Und meine drei Kinder. Sie waren Teil dieser Familie. Sie war wie eine zweite Mutter und ich weiß, wie sehr sie meine Kinder geliebt hat und wie sehr das auf Gegenseitigkeit beruht. Nun musste sie viel zu früh gehen. Wir durften uns nicht mal verabschieden. Sie wollte nicht, dass die Kinder sie krank erleben und so in Erinnerung behalten.

So blieb es an uns Eltern, den Abschied und die Trauer zu gestalten. Ich habe mir sehr große Sorgen gemacht, wie sie es verkraften würden. Wie könnte ich meinen Kindern helfen, die es ja sogar noch stärker traf als uns Eltern? 

Wie auf das Sterben vorbereiten?

Das Sterben zog sich hin. Jeden Tag fragten die Kinder, wie es ihr geht und wann sie wieder gesund ist. Ich wusste, dass es so nicht kommen würde. Schon diese Phase war sehr schwierig. Den Kindern jede Hoffnung nehmen? Oder die Hoffnung aufrecht erhalten und sie dann unvorbereitet das Unvermeidliche erfahren lassen?

Ich entschied, bewusst auf meine Intuition zu hören. Diese sagte mir, dass Kinder genau wissen, was vor sich geht und auch gut gemeinte Lügen immer noch Lügen sind und die Kinder sicher auf unterbewusster Ebene verwirren. Vor allem, wenn dann die Tatsachen einfach anders sind. Meiner Erfahrung nach ist Ehrlichkeit und Authentizität grundsätzlich wichtig gegenüber Kindern und in so einem Fall sehr entscheidend. Wir legen hier auch einen Grundstein, wie die Kinder später selbst mit Tod und Trauer umgehen. Und wünschen wir uns nicht alle, dass sie es frei und selbstverständlich handhaben können? 

Also erzählte ich, wie es der Tagesmutter geht. Das es nicht gut um sie steht und sich alle große Sorgen machen. Offen und ehrlich. Aber ich sagte auch, dass es nie schadet, gute Gedanken und Hoffnung zu haben und diese zu ihr zu schicken. Das hilft ihr auf jeden Fall und davon bin ich auch wirklich überzeugt.

Wie Abschied nehmen? 

Als es soweit war, waren wir gedanklich vorbereitet. Trotzdem traf es alle schwer. 

Tatsächlich kam ich erst jetzt auf die Idee, dass andere Menschen vielleicht schon Erfahrungen mit so einer Situation haben und Ideen haben, die unterstützen können. 

Ich fragte in meinem Netzwerk nach und bekam einige wunderschöne Ideen, wie der Abschied gestaltet werden kann.
Steine bemalen, die später auf das Grab oder einen bestimmten Platz gelegt werden
Einen Brief schreiben mit guten Wünschen für die Seele
Wünsche aufschreiben und mit Ballons in den Himmel schicken

Das Wichtigste in dieser Situation ist es aber meiner Meinung nach, den Kindern den Raum für die eigene Gestaltung zu geben. Jedes Kind ist anders und auch jedes Alter ist hier anders. 

Kleinere Kinder begegnen dem Tod meiner Erfahrung nach eher mit Neugier (wie schön :-)) und stellen ganz pragmatische oder auch überraschende Fragen. Hier dürfen wir einfach da sein und vor allem wertfrei Antworten liefern. Es ist ok über die Temperatur der Flammen zu sprechen, wenn es eine Einäscherung gibt oder über Würmer, wenn es eine Beerdigung ist. Wir können die Kinder auch selbst Erklärungen finden lassen, zum Beispiel auf die Frage, wo die Person jetzt ist. Die Rückfrage “Was glaubst Du denn?” hilft sehr. Der Himmel ist für viele eine schöne Vorstellung, aber auch Regenbögen, Schmetterlinge oder “von oben runterschauen” sind schöne Bilder, die Kinder für sich selbst kreieren können. 

Natürlich darf ganz viel Platz für Tränen sein. Aber auch dafür, wenn diese gar nicht kommen und es einfach weitergeht. Da können wir den Kindern vertrauen, dass sie ihren Weg und ihre Zeit für ihre Trauer finden. 

Mitnehmen zur Trauerfeier?

Wir haben an diesem Nachmittag eine kleine Trauerfeier für uns in der Familie veranstaltet. Mit Kuchen und ganz vielen Geschichten und Erinnerungen aus der gemeinsamen Zeit.

Und natürlich durften auch alle drei mit zur offiziellen Trauerfeier. Es war eine sehr schöne Veranstaltung und die Kinder konnten mit der restlichen Familie in wundervoller Atmosphäre zusammensein und feiern. 

Mir war vollkommen klar, dass es damit offiziell für sie ist und das wichtig ist. Außerdem waren meine Kleinen auch eine tröstliche Bereicherung für die ganze Gesellschaft. Diesen Aspekt dürfen wir bei der Entscheidung über diese Frage immer mit berücksichtigen. Kinder sind das Leben und das ist wunderschön. 

Die Zeit der Trauer ist länger als gedacht

Ältere Kinder tun sich vielleicht schwerer, den sie begreifen das ganze Ausmaß des Verlustes eher. Gerade bei Teenagern bedarf es jetzt einer großen Einfühlsamkeit und viel Verständnis, denn die Reaktionen können ganz anders sein, als wir erwarten. “Annehmen, was ist” sollte hier die Devise sein und eine erhöhte Aufmerksamkeit auch auf die nächste Zeit gerichtet sein. 

Durch einen Todesfall in einer befreundeten Familie habe ich gelernt, dass die Trauer bei Kindern und Jugendlichen oft erst Monate später kommt und dann ganz anders, als wir sie erwarten. Der Sohn, der vor einem halben Jahr seinen Vater verloren hat, will plötzlich nicht mehr in die Schule gehen und sein Bruder hat Angst, bei Freunden zu übernachten. Therapien konnten später helfen, den wahren Kern dieser Auffälligkeiten aufzudecken und dann auch zu bearbeiten. 

Bei uns kam auch nach einem halben Jahr nochmal eine Trauerphase bei den Kleinen. Wir durften dann die gemeinsamen Spielplätze besuchen oder bestimmte Rezepte nachkochen (auch wenn die mir natürlich nicht so gut gelungen sind wie im Original).

Das bedeutet, auch wenn Kinder im ersten Moment entspannt mit der Trauer umgehen.. irgendwann kommt sie doch nochmal. Und dann dürfen wir wachsam und einfach da sein und den Raum dafür freigeben. Und manchmal ist es sinnvoll, sich Unterstützung oder auch professionelle Hilfe zu holen.

Wie immer sagt uns die Intuition, was richtig ist. Wenn wir uns bewusst darauf einlassen, die Bedürfnisse der Kinder und unsere eigenen wahrzunehmen und vor allem auch anzuerkennen sind wir die besten Trauerbegleiter für unsere Kinder, die sie sich wünschen können.

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