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Was glaubst du, wie viele Menschen in Deutschland einen letzten Willen, oder ein Testament formulieren? Die Meisten? Die Hälfte? Nein, es sind erschreckenderweise gerade mal knapp ein Viertel aller Befragten. Das heißt mehr als 75 Prozent der Menschen machen NICHTS!!! 75 Prozent teilen ihren Lieblingsmenschen nicht oder nur sehr vage mit, was sie sich für ihren eigenen Tod wünschen, wie ihre letzte Reise aussehen soll. Ist das nicht unglaublich? Immerhin sterben 100 Prozent der Menschheit!

Leider gehörte auch mein Papa zu den 75 Prozent derer, die keinerlei Testament oder anderweitig formulierten letzten Willen hinterlassen haben. Bis zu seinem Tod haben wir in der Familie niemals über das Sterben und den Tod gesprochen. Diese Tatsache hat mich fast zwei Jahre meines Lebens und beinahe meine Ehe gekostet. Heute weiß ich, wie viel Zeit, Kraft und Nerven so eine Nachlassregelung kostet, wenn kein letzter Wille vorhanden ist. Ich weiß nun genau, was diese Nachlässigkeit für die Hinterbliebenen bedeutet. Als ich dies nach dem plötzlichen Tod meines Papas langsam realisierte, habe ich sämtliche Freunde und Bekannten damit genervt, sie sollten doch bitte mit ihren Eltern über den Tod reden, sollten sich anhören, was die Eltern sich im Fall ihres Ablebens wünschen. So schockiert und traurig war ich über meine eigene Situation. Die wenigen Versuche, mit meinem Papa über seine letzte Reise zu sprechen, verliefen immer völlig im Sand. Meine Familie und ich wussten nicht im Ansatz, was mein Papa sich eigentlich für seine Beisetzung gewünscht hätte. Dieser Umstand löste lange Zeit große Schuldgefühle in mir aus, obwohl ich wusste, wie wenig mein Papa selbst über eine Lösung nachdachte, weil er sich sicher war, er hätte noch sehr viel Zeit. Lange hat mich die Frage beschäftigt, was ich hätte besser machen können um ihn für den eigenen Tod zu sensibilisieren.

Gute Gespräche über den Tod befreien das Herz

Ich weiß, wie mühsam und unter Umständen beängstigend es sein kann, mit den eigenen Eltern über den Tod zu reden. Viele meiner Freunde haben mir auch gesagt, sie würden das Thema gerne in aller Ruhe mit ihren Eltern besprechen, aber es falle den Eltern sichtlich schwer, dieses Angebot anzunehmen. Eine Freundin hat geklagt, irgendwie sei es fast so schwierig darüber zu sprechen, wie damals als ihre Eltern versucht hatten, mit ihr das erste Aufklärungsgespräch zu führen. Wahrscheinlich kann man es wirklich ein Stück weit vergleichen. Es geht um ein Thema, von dem jeder weiß, es ist wichtig und unumgänglich, das gleichzeitig aber für alle Beteiligten auch ziemlich unangenehm ist.

Hast du dir schon einmal folgende Frage gestellt: „Wie sage ich es meinen Lieben, dass wir über den Tod reden sollten?“ Vielleicht erinnerst du dich noch an die Situation, als dir Deine Eltern ein Aufklärungsgespräch angeboten haben. Das Gespräch war für sie sicher ähnlich emotional und mühsam. Du kannst davon ausgehen, dass deine Eltern sich damals auch lange Gedanken über den passenden Zeitpunkt gemacht haben. Die Hoffnung, Deine Lieblingsmenschen könnten das Thema Tod von selbst ansprechen, ist leider oft vergebens. Wer spricht schon gerne über die eigene Endlichkeit?

Aber warum ist das eigentlich so? Jeder weiß doch, dass er irgendwann einmal gehen muss, kein Mensch kann ewig leben. Es ist so schwierig, weil mehrere Tabuthemen angesprochen werden, nämlich die Tabuthemen schlechthin: Verlust der eigenen Gesundheit, Übertragung des mühsam aufgebauten Vermögens und der eigene unausweichliche Tod. Sich mit diesen emotionalen Themen auseinanderzusetzen, bedarf schon einer gewissen inneren Stärke. Viele verfallen hier in einen Verdrängungs-Modus. Nach dem Motto: „so lange ich nicht darüber nachdenke, oder sogar rede, werde ich mir meiner eigenen Endlichkeit auch nicht bewusst.“ Das mag für einen selbst gut funktionieren, aber fair gegenüber allen anderen, die nach dem eigenen Tod „aufräumen“ müssen, ist es nicht. Ich weiß wie schwer das für die Hinterbliebenen werden kann.

Wer zu Lebzeiten alles für die Familie gegeben und immer darauf geachtet hat, dass es allen gut geht, dem sollte eigentlich umso mehr daran gelegen sein, dass nach dem eigenen Tod alles geregelt ist. Also fass dir ein Herz und sprich mit deinen Liebsten über den Tod, damit die Situation kein Notfall wird. Ja, darüber zu reden, kann heikel und beschwerlich werden, weil jeder eine andere Vorstellung davon haben könnte, was von Bedeutung ist, was jedem einzelnen wichtig ist. Aber eine Auseinandersetzung mit dem Thema zu Lebzeiten hilft ALLEN! Auch wenn ich mich wiederhole, aber der Tod sollte kein Notfall sein!

Verwenden wir unsere Zeit darauf, auch über Alter und Tod nachzudenken, werden wir psychisch viel stabiler sein, wenn diese Dinge geschehen, da wir uns bereits mit den Problemen und verschiedenen Arten von Leid vertraut gemacht und sie im Geiste vorweggenommen haben.

Dalai Lama

Um dir den Einstieg für ein Gespräch über den Tod etwas zu erleichtern, habe ich ein paar Tipps für dich notiert, wie du zum Beispiel mit deinen Eltern oder deinem Partner so ein etwas anderes Aufklärungsgespräch führen könntest, ohne dass es für alle Beteiligten hoch emotional und unangenehm wird.

Das richtige Wort zur richtigen Zeit. Der gewählte Zeitpunkt ist ein entscheidender Faktor. Niemals spontan das Thema ansprechen, also keine ungeplanten Überfälle auf die betroffenen Personen vornehmen. Am besten eignen sich Veränderungen oder besondere Lebens-Ereignisse als Anstoß. Wie zum Beispiel der bevorstehende Ruhestand, der Tod von Freunden oder Bekannten oder auch negative Veränderungen des Gesundheitszustandes.

Schaffe für das Gespräch eine möglichst ruhige und entspannte Atmosphäre und nimm dir viel Zeit dafür. Über den Tod kann man nicht zwischen Tür und Angel sprechen. Und bitte niemals auf Familienfeiern ansprechen! Vielleicht gibt es in deinem Freundes- oder Bekanntenkreis negative Beispiele, die als geeigneter Gesprächseinstieg dienen können. Diesen Aufhänger für das Gespräch haben zum Beispiel einige meiner Freundinnen auf Grund meiner Trauer-Geschichte gewählt.

Geht es um deine Eltern? Solltest du Geschwister haben, hole diese in jedem Fall mit ins Boot. Das Beste ist, wenn du gemeinsam mit ihnen versuchst das Gespräch so gut wie möglich zu planen, damit sich jeder seine Gedanken im Vorfeld dazu machen kann.

Dankbarkeit und Respekt wirken wie Magie. Erkenne die Lebensleistung deines Partners, beziehungsweise deiner Eltern an, auch wenn du vielleicht nicht immer einer Meinung warst. Selbst wenn du das Gefühl hast, dein Gegenüber hat nicht immer alles richtig gemacht. Zeige Dankbarkeit und Verständnis für die Meinung und Lebenseinstellung der Menschen.

Vermische die Vorstellungen deines Gegenübers nicht mit deinen eigenen. Diskutiere nicht! Höre erst einmal nur zu. Jeder hat unterschiedliche Wünsche, Interessen und Befindlichkeiten. Wenn zum Beispiel deine Eltern einen getragenen Trauermarsch wünschen, obwohl du ‘Highway to Hell‘ bevorzugen würdest, dann solltest du den Wunsch Deiner Eltern in jedem Fall respektieren.

Versuche Verständnis für die Situation zu haben. Es ist für niemanden leicht darüber zu reden, wie die eigene Beerdigung aussehen soll oder was mit dem persönlichen Besitz, der oft mühsam ein Leben lang erarbeitetet wurde, passieren soll. Versuche ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es um die gemeinsame Chance geht, die irgendwann unvermeidbar eintretende Situation für alle so verträglich wie möglich zu planen.

Packe nicht zu viel in ein Gespräch. Ist zum Beispiel der Gesundheitszustand deiner Eltern der Gesprächseinstieg, macht es bestimmt Sinn, zuerst über die Themen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zu sprechen.

Gibt es gerade einen Tag der offenen Tür bei einem Bestatter, bei einer Friedhofsgärtnerei oder sogar auf dem Friedhof, ist das evtl. ein guter Anlass, um das Thema Beerdigung anzusprechen. Oft reicht schon ein Spaziergang, bei welchem man „zufällig“ an einem Friedhof oder einer Gärtnerei vorbeikommt.

Noch heikler als die Beerdigung ist natürlich das Thema Testament. Du kannst das Gespräch mit der Bitte um einen Rat für das eigene Testament beginnen. In einem zweiten Schritt kannst du eventuell gemeinsam mit deinem Partner oder deinen Eltern einen Beratungstermin bei einem Generationen Berater, Rechtsanwalt- oder Steuerberater vereinbaren, um die vielen Fragen rund um das Testament direkt mit einem Experten zu besprechen.

Sollte dein Verhältnis zu dem Menschen, mit welchem du das Thema Tod besprechen möchtest, schwierig und die Kommunikation sehr mühselig oder im Extremfall sogar unmöglich sein, dann bitte einen Dritten, deinen Lieblingsmenschen für das Thema zu sensibilisieren. Gibt es einen Arzt oder Pfarrer, der zum Beispiel Deine Eltern, oder sogar Eure gesamte Familie seit einiger Zeit begleitet, dem dein Partner oder deine Eltern vertrauen? Vielleicht kann er als eine Art Mediator fungieren und helfen, das Schweigen zum Thema Tod zu brechen.

Solltest du während des Gesprächs das Gefühl haben, du würdest in Bezug auf dein Erbe übervorteilt werden, dann reagiere nicht gekränkt, emotional oder beleidigt, sondern frag nach den Gründen. Bitte dein Gegenüber, eine aus deiner Sicht ungleiche Erbverteilung zu erklären. Oft haben zum Beispiel Eltern sehr wohl eine gewisse Vorstellung im Kopf, was mit ihren Dingen passieren soll. Nur fällt es den Meisten schwer darüber zu reden und durch die fehlende Kommunikation kann es schnell zu Fehlinterpretationen seitens der potenziellen Erben kommen.

Versuche zu vermeiden Druck in so einem Gespräch auszuüben, das wird dir früher oder später sowieso auf die Füße fallen. Vertrauen und Offenheit hilft hier langfristig mehr, als Erwartungen und Streit. Denke auch immer daran, dass es immer noch der Besitz deines Gegenübers ist, über den beziehungsweise über dessen Aufteilung ihr sprecht. Und jeder Betroffene kann eine Aufteilung nach den eigenen Vorstellungen vornehmen.

Mit wem auch immer du dieses schwierige Thema besprechen willst, eines ist sehr wichtig: Höre deinen Liebsten zu, notiere dir so viel du kannst und lasse erst einmal alles auf dich wirken! Nach dem ersten Gespräch ist noch nichts für immer festgeschrieben. Hauptsache du hast schon mal den Anfang gemacht. Idealerweise hast du es geschafft, völlig offen und ehrlich zusammen mit deinem Partner, deinen Eltern und vielleicht auch mit deinen Geschwistern dieses schwierige Thema anzugehen.

Es kann so sehr helfen, auf diese unumstößliche Situation vorbereitet zu sein und auf Grund der gesammelten Informationen eine gewisse Vorstellung zu haben, was sich die Betroffene Person wünscht. Nur so kann man vermeiden, dass der Tod ein Notfall wird.

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