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Wie wir mit Situationen umgehen, ist unsere Entscheidung. Das Leben war bereits vor Corona unplanbar und bot nur scheinbare Sicherheit. Je eher ich diese unumstössliche Tatsache akzeptiere, umso zufriedener kann ich meine Tage hier auf Erden gestalten. Klingt alles ganz leicht, ist es aber nicht. Aber vielleicht darf es wirklich einfach sein. Wenn ich zulasse, statt Steuerfrau ein Crewmitglied an Bord des Lebens zu sein?

Was bleibt, wenn sich alles auflöst?

Grundlegend benötige ich zur Reflektion stets persönlichen Austausch. Dieser ist jedoch gerade in aktuellen Zeiten schwerer zugänglich als gewohnt. Zusätzlich kommt hinzu, dass viele Menschen sich die Überzeugung zugelegt haben, ihre Wahrheit sei die einzig Richtige. Trotz oder vielleicht gerade wegen rasant fortschreitender Schnelllebigkeit und vermeintlicher Unsicherheit, finde ich es schön endlich etwas Geduld zu lernen und vermehrt bei mir zu bleiben, statt im Aussen zu sein.

Das Gegenteil von leicht ist nicht zwingend kompliziert

Seit jeher stelle ich mir gerne und regelmässig Fragen. Über das Leben, seinen Sinn und das grosse Ganze. Schon als Kind liessen mich meine Gedanken nur selten los und ich suchte aktiv nach Antworten. Sei dies in der Bibel, vielen alten Büchern, Erinnerungsschriften des zweiten Weltkrieges, Märchen, philosophischen Texten oder bei Gesprächen mit Erwachsenen. Gut möglich, dass der Auslöser auf meine vielen Fragen, meine frühe Konfrontation mit dem Tod war. Nur kurz nach meiner Geburt verstarb meine Tante durch Unfalltod. So begleiten mich fast seit Beginn meines Lebens die Gefühle grosse Trauer, Sprachlosigkeit, Ohnmacht und Überforderung mit der Endlichkeit in meiner Umgebung. Immer wieder wurde ich nah an den Tod herangeführt und tatsächlich hatte ich sogar selbst bereits ein aussergewöhnliches, quasi überirdisches, Erlebnis beim Erhalt einer Todesbotschaft. Heutzutage gestaltet sich die Suche nach Antworten auf grosse Lebensfragen anders als zu früheren Zeiten. Denn mir zeigt sich immer mehr die Erklärung, dass die Veränderung weniger in der Antwort als in der Frage liegt.

Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer ist etwas Intimes, was uns wohl immer fragend zurücklässt. Etwas, das wir vielleicht gar nie lernen können. Und dennoch einen Umgang finden möchten, um anzunehmen, weiterzugehen und erinnern zu können.

Der Mensch verfügt über ausserordentliche Kontrollinstinkte. Das ist vielleicht ein Grund, weshalb er auch das Ende von Geschichten gerne steuert. Oder zumindest kennt. Er sucht Antworten, vergisst dabei aber oft, überhaupt die Frage zu stellen. Zusätzlich konsterniert durch den Umstand, dass wo niemand Genaueres weiss, umso gehäufter über angeblich absolute Wahrheiten zu erfahren ist.

Schritt für Schritt vorwärts gehen

Resilienz zu bilden, um mit Stress gesünder umgehen zu können, ist immens wichtig. Besonders in Zeiten wie diesen. Es zeigt sich mir mit immer deutlicherem Nachhall die immense Relevanz von Selbstliebe und -fürsorge. Diese im Alltag zu leben, schenkt beeindruckende Resultate. Für den Menschen als Einzelperson sowie für das komplette Umfeld. In unserer Gesellschaft wird die prioritäre Berücksichtigung eigener Bedürfnisse noch immer mit dem Stigma von Egoismus behaftet. Lange Zeit sträubte sich dadurch alles in mir, sie näher zu betrachten. Zuhause erlebte ich eine eher christlich geprägte Erziehung. Besonders von meiner Mutter wurde mir so manches Mal vorgelebt, dass das Glück und Wohlbefinden anderer Menschen höheren Stellenwert besitzt als mein Eigenes. So ist es anscheinend für dieses Ziel erlaubt, massiven Raubbau an Seele, Geist und Körper zu betreiben und immer wieder zurück zu stecken. Es ist wie es ist und so sind wir die Essenz unserer Erfahrungen. Nur wer sagt, dass dies für immer so bleiben muss? Die Selbstverantwortung für unser Leben liegt doch ab einem gewissen Zeitpunkt vollumfänglich bei mir selbst. So gibt es die grosse Chance, alte Muster erkennen zu können sowie den Versuch, diese abzustreifen oder umzuwandeln.

In der Vergangenheit entschied man sich normalerweise für eine gewisse Glaubensrichtung, welcher man ein Leben lang folgte. Heute gestaltet sich dieser Weg deutlich unübersichtlicher. Viele spirituelle Ansätze bieten spannende Aspekte auf dem Weg durch das Leben. Dabei können Yoga und Co. durchaus behilflich sein. Jedoch sind sie kein allgemein gültige und für sich stehende Lösung. Sie sind ein bisschen wie Medizin, welche statt der Ursachenbekämpfung einfach die Symptomlinderung ermöglicht. Milde sein, sich Gutes zu tun und die Fürsorge annehmen zu können, helfen da schon tiefgreifender.

Ironischerweise kann ich den Tod als Startschuss meines eigenen Lebens bezeichnen und mich für gelebte Selbstliebe und die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit zu öffnen. Anders als die moralische Frage, ob ich es denn der verstorbenen Person schulde, wieder glücklich zu werden, war es vielmehr die Perspektive, wie meine verstorbene Mutter in dieser Situation mit mir umgehen würde. Wenn andere Menschen – nicht nur Mutter oder Freunde – mich wohlwollend behandeln, wieso tue ich das nicht mit mir selbst? Bin ich doch der Mensch, welcher am längsten an meiner Seite ist? Sogar die einzige Person, welche Einfluss auf meine Gedanken und Handlungen hat?

Diese Fragen sind immer wieder mein Hilfsmittel, um Selbstfürsorge zu leben, bei mir zu bleiben und mich selbst wohlwollend mild zu behandeln. So wie ich – wie jeder Mensch – es verdient. Nur wie ich zu mir bin, kann ich zu anderen sein. Alles beginnt und endet bei mir selbst.

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