Wie ein Schwamm alles aufziehen, was man zu dem Thema findet und dennoch das Bedürfnis haben, dass es nicht genug ist …. Kennst du das Gefühl? Besonders nach dem Verlust einer geliebten Fellnase bekomme ich einiges an Post. Durch Tante Google findet man meinen Podcast oder aber einen Blogartikel oder vielleicht meinen Trauergarten, in dem sich Menschen mit Tieren austauschen können, wenn es um das Abschiednehmen geht.
Bei all diesen Menschen steht der Verlust, bevorstehend oder eben erfolgt, im Vordergrund. Sie versuchen Halt zu finden, zu verstehen, was passiert ist oder passieren wird. Was man liest oder hört, kann Kraft geben. Oft ist es in dem Moment aber nur wie ein Bonbon. Man lutscht es, es tut für den Moment gut und wenn der süße Geschmack im Mund vorbei ist, tritt diese Leere wieder hervor.
Trauer kann man nicht füllen, indem man die Gedanken auf ein Thema richtet. Diesen Garten der Trauer muss man durchschreiten. Es gibt keine Abkürzung. Da die Trauerarbeit meist eh schon düster genug ist, man diesen Weg mit schwerem Herzen geht, habe ich mir dafür einen bunt blühenden Trauergarten überlegt, den zahlreiche wunderbare Menschen mit mir zusammen auf Facebook gestalten. Ich bin zwar kein großer Fan vom Social Media. Aber gerade für geschlossene Gruppen, in denen sich Hilfesuchende mit Gleichgesinnten vertrauensvoll austauschen können, finde ich bei der Begleitung von Tieren, ebenso wie bei der Trauerarbeit um ein Tier unglaublich wichtig. Denn noch immer – und das musste ich kürzlich im Jahr 2022 tatsächlich wieder lesen –
will sich mit dem Thema Tod des Tieres niemand befassen.
Ich kann dir gar nicht sagen, wie weh mir diese Aussage tat. Zuerst hatte ich Schnappatmung, dann wurde ich wütend und zuletzt traurig. Seit mehr als 10 Jahren arbeite nicht nur ich daran, dass Trauer keine Wertigkeit bekommen darf. Viele Menschen unterstützen andere Menschen dabei, ihr Tier beim Sterben zu begleiten, ebenso wie aus der Trauer herauszufinden. Man gibt Tieren eine Stimme. Man gibt der Tiertrauer eine Stimme.
Wie sagte Bo Hauer kürzlich zu mir in einem Interview auf meinem YouTube-Kanal bei „Die Tiersprechstunde“: Bei Trauer wird eine Wertigkeit gemacht. Da ist der Mensch mehr wert als jedes andere Wesen, um das man trauert. Im Umkehrschluss: Warum wird, wenn man liebt, keine Wertigkeit gemacht?“ Und genau so ist es. Noch schlimmer ist die Größe. Je größer das Tier, umso größer darf die Trauer sein bzw. umso eher wird sie verstanden. Na klar, nach 20 Jahren mit dem Pferd, das ist schon ein langer Zeitraum, da darf Nina sehr lange trauern. Während Valerie um das Kaninchen, das sie aus schlechter Haltung rettete und das 2 Jahre bei ihr leben durfte, nicht so lang weinen darf. Sie kann sich ja ein neues holen und retten …..
Bestimmt hast auch du zu diesen Aspekten deine Gedanken und Gefühle. Wenn jedoch jemand trauert, dann ist für diesen einen Menschen etwas ganz Großes, etwas ausgesprochen Wichtiges gegangen. Und dieser Mensch möchte weder eine Wertigkeit hören noch einen klugen Ratschlag. Meist ist es ein Da-Sein, ein Anteil zeigen ohne große Worte. Manchmal sind kleine Gesten das, was hilft und was trauernde Tierhalter benötigen. Denn für diesen Menschen war es ein Familienmitglied, was nicht mehr da ist.
Leider gibt es für die Begleitung eines Trauernden keine Bedienungsanleitung. Während die einen Menschen recht tough wirken (zumindest nach Außen), vergraben sich andere Zuhause und wollen niemanden sehen. Die einen führen stundenlange Monologe und weinen Seen von Tränen. Andere schweigen bei versteinernder Miene. Auch für uns tierisch Tätige ist so eine Begleitung immer aufs Neue etwas, auf das wir uns individuell einstellen müssen. Hinzu kommt auch die Thematik des „wie ist das Tier gestorben? Was war es für ein Verlust?“
Wenn die Katze vom Freigang nach Hause kommt, plötzlich Atemnot hat und wenige Minuten später tot zusammenbricht – ein plötzlicher Schock, den man nur schwer fassen kann. Vor allem wenn doch zuvor überhaupt keine Anzeichen da waren, dass es dem Tier nicht gut ging. Ebenso kann aber auch ein begleiteter Abschied eines sehr alten Tieres, das im Sterben liegt und selbstbestimmt gehen kann, genauso weh tun. Unterschiedliche Situationen, und doch ist der Schmerz ähnlich, ebenso wie das Begreifen. Es geht nun ohne die Fellnase weiter. Die Leere ist für beide gleich.
Selbst wenn es da draußen scheinbar in 2022 noch immer Menschen gibt, die es übertrieben finden, um ein Tier zu weinen, ich würde es immer wieder tun. Nicht nur für meine eigenen, auch für die, die ich im Rahmen meiner Praxis begleiten darf, ebenso wie für die Tiere von Familienmitgliedern und Freunden. Und umso schöner finde ich es, dass ich damit nicht alleine bin. Wie reich sind wir dank unserer Tiere – was für ein Geschenk machen sie uns an jedem Tag, an dem wir sie begleiten dürfen. Und für mich ist das auch der größte Trost nach dem Verlust. Ich trage die Erinnerung und die Liebe im Herzen und genau das kann mir niemand nehmen.
Bis jedoch das Lächeln zurückkehrt, die Tränen weichen und man Freude beim Gedanken an das vorausgegangene Tier spürt, dauert es etwas. Diese Zeit sollte man sich nehmen.