Verbindung lindert Angst
Er ist noch jung mit Mitte 50. Die Diagnose erhielt er erst vor kurzem, jetzt ist er schon im Hospiz. Luftnot quält ihn und Angst. Jedes neu auftretende Symptom reicht aus, um die Panik anzufachen. Er hat das Vertrauen in seinen Körper völlig verloren.
Das Gespräch ist kurz, ihm fehlt der Atem dazu. Also entschließe ich mich, ihn über eine ruhende Berührung an der Schulter in seiner Atembewegung zu unterstützen. In seinem Gesicht zieht ein Strahlen auf: „So lange bin ich nicht mehr berührt worden!“ Dann dieser Satz: „In mir schreit es: wenn sie doch bloß nicht aufhören würde.“
So eine tiefe Sehnsucht nach menschlicher Verbundenheit! Und er lässt sich ganz hineinfallen.
Irgendwann beginne ich noch, zu seinem Atemrhythmus eine stille Melodie zu summen. Das wirkt zusätzlich entspannend auf ihn. Mit einem glücklichen Lächeln ruht er, seine Atmung ist mittlerweile ganz entspannt, langsam, gelöst. „Das war so schön“, sagt er mit einem langen Blick, als ich ende.
Und wir wissen jetzt: Neben den Medikamenten, die seine Luftnot lindern, können wir ihn emotional über Berührungen unendlich tief nähren und körperlich entspannen. Und dann findet auch das Gedankenkarussell zur Ruhe.

Kommunikation ohne Worte – KoW®
Sprachlosigkeit überwinden durch Körpersprache
Wenn ein Mensch aufgrund einer Erkrankung oder einer emotionalen Ausnahmesituation sprachlich nicht erreichbar ist, sind Worte nicht mehr der eigentliche Weg, um mit ihm in Kontakt zu treten. Auch der schwerkranke oder sterbende Mensch kann oder will oftmals nicht mehr viel sprechen. Dennoch kommuniziert er – ohne Worte.
Seit über 20 Jahren erlebe ich diese Situationen ganz praktisch in meiner Tätigkeit als Therapeutin im Hospiz. Wenn der Mensch nicht mehr sprechen kann, gerät er leicht in Isolation. Auch viele der Mitarbeiter, Angehörigen oder Ehrenamtlichen fühlen sich in solchen Momenten unsicher oder hilflos. Das hat mich dazu bewogen, aus der Praxis für die Praxis das Konzept Kommunikation ohne Worte – KoW® zu entwickeln. Denn empathische nonverbale Kommunikation ist mehr as eine Begabung: sie ist eine erlernbare Kompetenz.
Den körperlichen Ausdruck des kranken Menschen verstehen zu lernen, führt zu mehr Sicherheit. Die eigenen nonverbalen Möglichkeiten zu entdecken und diese gezielt anwenden zu können, erweitert den Handlungsspielraum. Dadurch kann eine Brücke zum Gegenüber gebaut werden, ein Raum des Miteinanders entsteht und auch schwierige Situationen können leichter bewältigt werden.
Die „Momente der Begegnung“ spiegeln wider, was dadurch zwischen Menschen möglich wird, selbst in den Grenzsituationen des Lebens.