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Jeder trauert anders

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Goochie Poochie Gr - Pexels
Sonja Tschöpe
Sonja Tschöpe Kolumne 'UMGESCHMINKT'
6-2021

Es tut so weh! Ich vermisse sie so sehr!“

Die junge Frau hat vor kurzem ihren Hund einschläfern lassen müssen. Seitdem vergeht fast kein Tag, an dem sie nichts im Forum postet. Anfangs waren noch sehr viele gute Zusprüche da. Man sandte gute Gedanken, umarmte sie virtuell. Nun sind jedoch schon 4 Wochen vergangen. Die Kommentare werden weniger. Und noch etwas passiert. Die Postings werden weniger liebevoll und sind weniger geduldig. Und dann schreibt jemand das, was wohl mittlerweile viele in diesem Forum denken: „Du musst endlich loslassen und zurück ins Leben finden!“ Der Beitrag wird xfach geliked, wie man neudeutsch heutzutage sagt.

Ist das so?

Muss man loslassen und wenn ja wann? Gibt es dafür eine Zeitvorgabe, die es einzuhalten gilt? Und wenn ja warum? Sicherlich ist es ratsam, dass man aus der Trauer herausfindet, zurück ins eigene Leben kehrt. Aber wenn doch ein Lebewesen gegangen ist, ganz gleich wie kurz oder lang es einen bereichert hat, darf man die eigene Trauer nicht individuell ausleben? Danach folgt Stille. Kein weiterer antwortet. Niemand schreitet zu Hilfe. Und auch die junge Frau schweigt. Sie postet weder an dem Abend, noch an den folgenden. Es scheint, als wären all in diesem Forum nun erleichtert, dass sie mundtot gemacht wurde.

„Wie geht es dir?“

Es ist egal wie groß oder klein das Tier ist, was starb. Es ist völlig schnuppe wie viele Tage oder Jahre es uns begleitet hat. Wir haben ein Lebewesen verloren und wir dürfen Trauern. Trauer ist normal und wichtig. Auch als Tierhalter durchlebt man die Phasen der Trauer und das sicherlich individuell. Es gibt Menschen, für die ist genau das Tier der Seelenfreund gewesen. Einen trauernden Menschen zu begleiten ist selten leicht. Weder für die eigene Familie, die vielleicht ganz unterschiedlich mit dem Verlust umgeht. Noch für Freunde und Bekannte. Man will ja helfen, aber wie? Man ist schlichtweg überfordert, vor allen Dingen, wenn diese Spirale sich immer weiter dreht und man das Gefühl hat, man kann der trauernden Person so gar nicht helfen. Sie wird tiefer und tiefer in eine Art Depression gezogen.

Auch meine Kursteilnehmer bitten mich hier nach einer klaren Anweisung, wie sie mit trauernden Menschen umgehen sollen. Am besten mit einem Garantieplan, der die Sonne zurück ins Leben bringt. Doch den gibt es nicht. Stattdessen empfehle ich vorsichtig ein Da-sein und ein Zu-hören anzubieten, ebenso wie Verstehen und vielleicht einen Gesprächsaustausch. Und all das ohne Druck. Kleine Signale setzen können so unglaublich viel bewirken, dass sich Menschen öffnen und langsam zurück in ihren Alltag finden.

„Der hat ihn gar nicht geliebt.“

Auch wenn man Männern oft nachsagt anders zu trauern als wir Frauen, so stimmt das nicht ganz. Doch ich höre meist von Frauen einen kleinen unterschwelligen Vorwurf, dass der Partner den Verlust schon abgeschlossen habe, a la er hat das Tier wohl weniger geliebt. Liebe zeigt jeder anders, ebenso wie jeder anders trauert. Manche durchlaufen die Trauerphasen intensiv, andere scheinen leichtfüßig hindurchzutanzen. Wichtig ist jedoch das man trauert. Verdrängung ist in den seltensten Fällen gesund und kann gesundheitlich großen Schaden anrichten – vom emotionalen Problem mal abgesehen. Man weiß, dass durch Unterdrückung Hauterkrankungen, Magen-Darm-Probleme, aber auch Herzerkrankungen ausgelöst werden können. Umso wichtiger, dass wir uns die Zeit geben, die wir brauchen einen Abschied abzuschließen.

Und im besten Fall haben wir dabei Menschen an unserer Seite, die uns verstehen und uns diese Zeit geben. Wenn nicht, finden sich Trauerarbeiter, die darin geschult sind, dem Tag wieder mehr Leben zu geben und uns durch diese schwere Zeit zu helfen.

Kolumne 'UMGESCHMINKT'
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