Ich war zehn Jahre alt, als meine über alles geliebte Oma gestorben ist.
Ich wusste damals nicht, wie krank sie war und dass es sein könnte, dass sie nicht mehr aus dem Krankenhaus zurückkommt.
Eines Tages kam ich von der Schule nach Hause und meine Mama saß weinend am Küchentisch mit dem Telefonhörer in der Hand. Als sie mir erzählte, dass Oma gestorben sei, wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich wusste ja nicht einmal, was das jetzt überhaupt bedeutete…
In unserer Familie wurde nicht über den Tod gesprochen. Im Nachhinein habe ich mir immer gewünscht, dass man mir erzählt hätte, wie es Oma wirklich gegangen ist und wie ernst die Lage war. Auch wenn ich erst zehn Jahre alt war, ich hätte einen Weg gefunden, damit umzugehen. Und ich bin überzeugt davon, es wäre für mich der bessere und gesündere Weg gewesen, den Tod in mein Leben zu integrieren und zu akzeptieren. Stattdessen wurde mir gesagt, dass ich nicht lachen darf und traurig sein soll, als ich mit meinem Bruder im Kinderzimmer gespielt habe und Mama im Zimmer nebenan traurig auf dem Sofa saß.
Die nächste und auch letzte Erinnerung, die ich an den Tod meiner Oma habe, ist die Trauerfeier. Ich weiß noch, dass ich recht gefasst war, als wir uns vor der Trauerhalle versammelt haben. Menschen,
die ich nicht kannte, gaben mir die Hand oder nahmen mich in den Arm. Sie murmelten Beileidsbekundungen und wischten sich die Tränen aus ihren Gesichtern.
Und dann gingen die Türen zur Halle auf. An der Seite meiner Mama betrat ich die kleine Trauerhalle unseres Friedhofes. In dem Moment, als ich mit dem Fuß über die Schwelle trat, war es, als würde ich eine andere Welt betreten. Meine Kehle war direkt zugeschnürt. Der Raum war dunkel und ich wollte am liebsten sofort wieder raus. Vergilbte Wände, dunkle Stühle aus Holz, ein Pult aus dem gleichen Material und ein riesiger Sarg. Mir schossen die Tränen in die Augen und ich konnte mich nicht mehr halten. Ich fing bitterlich an zu weinen und konnte mich kaum beruhigen. Der Gedanke, dass Oma in diesem Ding da lag, war schrecklich und auch so… endgültig. Da halfen auch die vielen prächtigen Blumen auf dem Sarg nicht weiter. Trotz der zahlreichen bunten Gestecke, war die Atmosphäre und der Raum für mich sehr erdrückend… Eigentlich perfekt, um mich noch tiefer in meine Trauer rein zu steigern.
Kurze Zeit später ertönte ein Lied. Der Pfarrer schritt mit wehendem, schwarzen Gewand nach vorne Richtung Pult und hielt die Zeremonie zu Ehren meiner Oma. Ich kannte ihn, er war mein Religionslehrer in der Schule.
Ich weiß noch, wie er darüber sprach, dass Oma mittags immer am Fenster stand und darauf wartete, dass mein Bruder und ich aus der Schule kamen, um bei ihr zu essen. „Woher weiß er das nur?“ fragte ich mich und musste tatsächlich etwas schmunzeln.
Auch wenn es nur dieser eine Satz war, waren es unglaublich tröstende Worte und viel schöner als die ganzen Blumen, die man so schön auf dem Sarg platziert hatte. Die einzigen Worte, an die ich mich heute etwas mehr als 20 Jahre später noch erinnere.
Heute bin ich 31 Jahre alt und Lebensrednerin
Ich habe eine Vision: Lasst uns das Leben feiern und nicht nur den Tod betrauern!
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Wie soll das denn gehen?“ oder „Die hat leicht reden…, wer kann denn in tiefster Trauer lachen und feiern?“ oder sogar „Das gehört sich aber nicht!“.
Und ich verstehe diese Bedenken nur zu gut. Es gibt sicherlich Angehörige, für die eine „Party“ undenkbar ist und die sich der traurigsten Trauer hingeben möchten, mit „Time to say goodbye“ von Andrea Bocelli und Sarah Brightman.
Aber es gibt eben auch die Menschen, und dazu gehöre ich, die ein Glas erheben und eine Band spielen lassen wollen. Der Wunsch: fröhliche Musik und bunte Kleidung statt bedrückender Stimmung im schwarzen Gewand.
Gut, ich gebe zu, das sind zwei Extreme, die ich gerade beschreibe, doch gibt es glücklicherweise verschiedenste Möglichkeiten, um letzten Schritten den gewissen persönlichen Touch und mehr Licht zu verleihen.
Die Erfahrung, die ich als zehn Jahre altes Mädchen gemacht habe, ist bis heute tief in meinen Gedanken verwurzelt. Durch die persönlichen Worte des Pfarrers weiß ich, dass eine Möglichkeit existiert, eben doch ein positives Gefühl zu erzeugen.
Und das ganz allein mit Worten! Worte haben eine so unglaubliche Wirkung. Sie können uns hoch hinauf schweben lassen oder uns bis zum dunkelsten Punkt des Meeres hinabziehen.
Mehr Licht und mehr Persönlichkeit
Ich möchte weniger Trauerfeiern halten, ich möchte auf Lebensfeiern sprechen!
Klar, dass das gesellschaftlich noch nicht so anerkannt ist, wie ich es mir vorstelle. Es ist ja schließlich was Neues und das wird erst mal mit großem Abstand und ganz kritisch betrachtet.
Aber ich weiß, dass es da draußen Menschen gibt, die sagen: „Ich möchte nicht, dass meine Familie bei meiner Beerdigung in tiefster Trauer weint! Ich möchte, dass meine Familie an die schönen Zeiten mit mir denkt.“
Und das ist auch mein Wunsch. Die Angst vor dem Tag der Beerdigung zu nehmen und ein letztes Fest unter den Liebsten des oder der Toten zu verbringen.
In Ghana beispielsweise beginnt nach dem Tod ein Fest. Es wird tagelang gefeiert und die Menschen dort sind freudig gestimmt. Ebenso auf der indonesischen Insel Sulawesi. Die Toraja zelebrieren ein mehrtägiges Fest, auf dem sogar Touristen gestattet sind.
In anderen Kulturen wird auch anders bestattet. Damit meine ich natürlich nicht, dass man unserer Kultur oder dem eigenen Glauben den Rücken kehren soll. Damit meine ich nur, dass man den Blickwinkel etwas ändern könnte, um neue Wege zu gehen.
Wie würdest du deine eigene Lebensfeier planen?
Wie würde sie aussehen? Was würdest du dir für deine Freunde und Familie wünschen, die noch etwas länger auf der Welt bleiben? Was sollte man über dich erzählen und wie sollte man die Trauerfeier – deine Lebensfeier – gestalten und in Erinnerung behalten? Sollte Gott eine Rolle spielen?
Ich beispielsweise wünsche mir eine Lebensfeier mit einer Rede, in der es um mein Leben und um meine Persönlichkeit geht. Ich wünsche mir, dass der oder die Redner*in es während der Zeremonie schafft, die schönen Momente aufleben zu lassen. Es soll live Musik geben und alle sollen das anziehen, worauf sie Lust haben. Es muss kein Schwarz sein!
Im Anschluss würde ich mir wünschen, dass meine Liebsten es schaffen, gesellig beieinander zu sitzen und in Erinnerungen zu schwelgen. Geschichten, die sie mit mir erlebt haben, miteinander teilen, ein Buffet voller leckerster vegetarischer Speisen, Cocktails und Wein, so viel jeder möchte! Musik im Hintergrund… Eben eine richtige Party. So, wie ich sie gerne selbst immer veranstaltet habe.
Meine beste Freundin sieht das anders. Sie hat auf die Frage, wie sie sich ihre Beerdigung vorstellt, geantwortet: „Jeder soll sich die Augen ausweinen und man soll mich so richtig vermissen.“
Das war zumindest ihre erste Reaktion bei den Gedanken an ihren eigenen Tod. Aber vielleicht denkt sie noch einmal darüber nach, wenn sie diesen Artikel liest…
Meine Mutter quält sich allein schon bei dem Gedanken, ein Testament aufsetzen zu lassen. An die Planung einer Trauerfeier ist überhaupt gar nicht zu denken. Komplett verblüfft war sie über eine ihrer Freundinnen, die ihre eigene Bestattung bereits organisiert und bezahlt hat. Den Sarg hat sie sich auch schon ausgesucht – er ist knallgrün. Sie sagte zu meiner Mutter: „Wenn ich sterbe, muss mein Sohn einfach nur einen Ordner aufschlagen und zum Bestatter gehen. Der Rest ist organisiert.“
Jeder Mensch ist eben unterschiedlich und hat eigene Ansichten und auch Ängste.
Wie wäre also deine Vorstellung einer gelungenen Abschiedsfeier, wenn du dich mal traust, wirklich darüber nachzudenken? Vielleicht hast du ja auch schon erste Ideen dazu. Und vielleicht fällt es dir auch leichter mit dem Gedanken an eine Lebensfeier. Womöglich hast du auch das Bedürfnis, mit deiner Familie oder deinen Freunden darüber zu sprechen.
Sehr viele Menschen meiden dieses Thema, weil es Unbehagen in ihnen auslöst. Aber es erleichtert den Hinterbliebenen das Leben ungemein, wenn sie wissen, wie du deine eigene Abschiedsfeier gerne gehabt hättest. Und viele Bestatter bieten diese Vorsorge auch an.
Und wie kommt man nun zu einer ganz persönlichen Lebensfeier?
Solltest du dich für eine Lebensfeier entscheiden, welche dich, den oder die Verstorbene*n in den Mittelpunkt stellt und gebührend verabschiedet, gilt es einige Kleinigkeiten zu bedenken.
Ich gebe dir hier gerne sechs Tipps, die du bei der Planung beachtet solltest:
Sei mutig und offen für neue Wege
Stelle dir die Frage, was die verstorbene Person ausgemacht hat, was ihr Ding war und lasse das in die Feier mit einfließen
Finde einen Redner oder eine Rednerin, der/die offen für Neues ist und bei dem es in der Zeremonie um den Verstorbenen oder die Verstorbene geht
Plane mit dem/der Bestatter*in und dem/der Redner*in die Zeremonie
Erlaube dir auch in Trauer zu lachen und dich über die schönen gemeinsamen Momente zu freuen
Hole dir Hilfe, wann immer du sie brauchst
Persönliche individuelle Zeremonien und Reden sind in meinen Augen ein wahrer Schatz und es gibt immer mehr Menschen, die Wert darauflegen.
Vielleicht konnte ich dir die ein oder andere Inspiration zum Thema Lebensfeier mitgeben. Es würde mich sehr freuen!