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Tod als letzte Lebensphase

PERSPEKTIVWECHSEL MIT HILFE DES WALDES - DEN TOD EINES MENSCHEN ALS SEINE LETZTE LEBENSPHASE VERSTEHEN

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Bild: krahn pexels
Q1 2023

Ein abgestorbener Baum wird oft Totholz bezeichnet, obwohl wir es auch als sehr lebendiges Holz sehen können. Tatsächlich spricht man – selbst in der Wissenschaft – statt von Totholz auch von der letzten Lebensphase eines Baumes, denn da ist nämlich ziemlich viel los.

Dort leben viele Pilzarten und Käfer, die es sonst nicht geben würde. Tiere nutzen es als Brutstätte zum Schlafen oder auch zum Überwintern. Außerdem braucht das Ökosystem Totholz, da durch seine Zersetzung Nährboden für neue Bäume und andere Pflanzen entsteht. Die letzte Lebensphase des Baumes kann abhängig vom Alter des Baumes und von der Baumart 80 bis 120 Jahre dauern.

Ist das nicht eine schöne Betrachtungsweise?

Den Tod des Baumes als eine Lebensphase zu bezeichnen.

Anzuerkennen, dass diese Phase zu seinem Leben gehört?

Die Wissenschaft spricht von der letzten Lebensphase eines Baumes, anstatt von Totholz.
Bild: bart ros pexels

Davon ausgehend stelle ich mir die Frage, ob nicht auch der Tod eines Menschen Bestandteil seines Lebens sein kann? Beziehungsweise wie der Tod eines Menschen zu einem „guten Nährboden“ werden kann?

Meiner Meinung nach hängt das ganz davon ab, wie wir Hinterbliebene mit dem Tod des Verstorbenen umgehen. Wir können unsere Haltung aktiv entwickeln und den Verstorbenen weiterleben lassen:

Durch unsere Erinnerungen und indem wir über sie erzählen;

Wir ihnen Fragen stellen, wenn wir nicht weiterwissen

und mit ihnen in Austausch gehen.

Dadurch kann ein Austausch von Energien entstehen, und wir können das Gefühl haben, dass er/sie bei uns ist, uns Ratschläge gibt und mit uns diesen Weg geht. Dieses Gefühl ist mit den Erinnerungen gekoppelt, die durch die Jahre entstanden sind, die wir gemeinsam durchlebt haben, durch die Zeit, die der Verstorbene mit uns geteilt hat, die wir mit ihm/ihr verbracht haben.

Es stimmt natürlich, dass dieser Mensch nicht mehr lebt und wir von jetzt an keine neuen Erfahrungen mehr mit ihr/ihm sammeln können. Aber wir können von den alten Erfahrungen zehren. Uns erinnern. Wenn wir uns zum Beispiel alleine oder im Stich gelassen fühlen, dann können wir durch die Erinnerung an die Person Kraft sammeln, Stärke und Zuversicht gewinnen.

Das ist möglich, weil unser Gehirn weder zwischen Realität und Fiktion noch zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterscheidet. Das, was ich denke, ist in diesem Moment für mein Gehirn und meinen Körper Realität. Und das heißt, wenn ich in dem Gefühl bade, in den Erinnerungen, in dem gemeinsamen Lachen, in den gemeinsamen glücklichen Jahren, dann ist dies für mein Gehirn das ‘Jetzt’. Der Körper schüttet in diesen Augenblicken die entsprechenden Hormone aus, vor allem das Oxytocin, auch bekannt als das Bindungshormon, das unser Urvertrauen stärkt. Es ist verantwortlich für das „Ich werde geliebt, so wie ich bin.“

Dazu gibt es noch eine Portion Serotonin obendrauf, das so wichtig für unsere Zufriedenheit und Gelassenheit ist.

Ist es nicht wunderbar?

Allein das Erinnern an schöne Momente lässt unser Gehirn diese Hormone ausschütten. Der Psyche ist es in diesem Moment gleichgültig, ob dieser Mensch lebt oder nicht mehr lebt. Auf diese Weise kann dir der/die Verstorbene Urvertrauen, Liebe, Geborgenheit, Kraft und vieles mehr schenken und somit immer noch ein Teil deines Lebens sein.

Aus meiner Sicht können wir, indem wir auf diese Weise mit dem Verstorbenen in Verbindung bleiben und den Tod zur letzten Lebensphase machen. Deswegen finde ich so wichtig, dass wir mit dem Tabuthema „Tod und Trauer“ brechen und uns offen miteinander über unsere Verstorbenen austauschen; dass wir sie in unser Leben einladen, dabei zu sein; dass wir – auch mit anderen zusammen – einen Raum schaffen, wo Verstorbenen weiterleben dürfen. Dass wir eine stabile und gute Verbindung mit unseren Verstorbenen bewahren.

Damit wird der Tod auch zu einem guten Nährboden wie die Bäume im Wald, die in ihre letzte Phase übergehen. Wir können die Erfahrungen des Verstorbenen als Orientierung nutzen, wenn wir uns orientierungslos fühlen. Wir greifen damit auf ein Wissen zurück, das über den Tod hinaus lebt, weil zum Beispiel der Verstorbene es mit uns geteilt hat.

Die Natur lebt es uns vor: Ein gesundes Ökosystem benötigt Totholz. Es kann ohne Totholz nicht leben, sich nicht weiterentwickeln. Totholz ist ein fester und wichtiger Bestandteil vom Leben der Natur. Seit mir dies bewusst ist, teile ich die Erfahrungen meiner Verstorbenen mit anderen und ich spreche mit ihnen – sei es laut oder in meinen Gedanken. Ich lade sie bewusst ein, Teil meines Lebens zu sein in der Art und Weise, wie es mir in dem Moment stimmig scheint und guttut.

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Lieber Wald, du ahnst nicht wie gut du mir tust. @achtsame_walderlebnisse
Bild: lobanova pexels

Mir persönlich hilft das Waldbaden, um mit mir verbunden zu sein, um offen zu sein, mich mit der Natur und den Verstorbenen zu verbinden. Mit Waldbaden kann ich loslassen, was mich blockiert, insbesondere Glaubenssätze, die nicht meine sind. Und wenn ich im Wald Totholz betrachte, wird mir immer wieder bewusst, dass das Leben endlich ist und wertvoll.

Und dass es das Kostbarste ist, Zeit mit den Menschen im Hier und Jetzt zu verbringen – um Erinnerungen zu schaffen und uns auszutauschen. Dadurch kann später der Tod eines Menschen auch zu seiner letzten Lebensphase werden. Ich bin sehr dankbar, dass mir die Natur diese Sichtweise eröffnet hat. ■


Tipp

aus der Redaktion

Dich interessiert Waldbaden und möchtest es einmal selbst ausprobieren? Dann hol dir die Waldbaden Anleitung mit verschiedenen Übungen und Tipps von Katharina.


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