Die andere Seite.
Eine andere Kultur mit den Themen Sterben, Tod und Trauer.
Dafür steht viaanima.
Da darf ein Artikel über das Tierkreiszeichen Skorpion nicht fehlen.
Ich bin Ilona, Astrologin mit Herz und Seele.
Geboren mit einem Skorpion-Aszendenten begleiten mich sogenannte schwere Themen wie Abschied, Tod, Trauer schon mein ganzes Leben lang.
Friedhöfe mochte ich zum Beispiel immer schon. Auch habe ich mich sehr früh gefragt, woher wir wohl kommen und wohin wir wohl gehen, wenn wir sterben. Kurz: ich fühle mich hingezogen zu den tiefen Themen, den Bereichen unseres Menschseins, die jenseits der ewig gut gelaunten Spaßgesellschaft liegen.
Für mich hatte und hat das zwar immer etwas mit Melancholie zu tun, mit einem tiefen stillen Sehnen; aber es entsprang nie einer depressiven oder morbiden Lebenseinstellung. Im Gegenteil – mich trieb und treibt ein tiefer Lebenshunger an.
Als ich mich dann der Astrologie zuwandte und sie studierte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Menschen mit einer Betonung des Zeichens Skorpion sind prädestiniert für Stirb – und Werde – Prozesse, heißt es in der Astrologie.
Warum ist das so?
Der Tierkreis enthält alle Themen des menschlichen Seins.
Die untere Hälfte des Kreises erzählt dabei von Widder bis Jungfrau (stark vereinfacht gesprochen), wie wir in dieses Leben hinein kommen, es kennenlernen, uns eine Persönlichkeit aufbauen mit einer Gefühlswelt, die sich dann im Zeichen Waage mit anderen Menschen verbindet.
Es geht hier in die Form hinein.
Das Zeichen Skorpion markiert einen deutlichen Wendepunkt. Eine Krise. Es ist hier, dass wir begreifen: Keine Form ist ewig. Alles Materielle vergeht. Also auch unser Körper.
Mist, wir sind sterblich.
Was für eine ungeheure Majestätsbeleidigung für unser Ego, das sich gemeinhin mit allen möglichen Formen und Zuschreibungen identifiziert und sich gerne für unsterblich hält!
Das Zeichen Skorpion fordert uns auf, uns mit unserer Sterblichkeit und dem ständigen Wandel zu beschäftigen und eine eigene Haltung dazu zu entwickeln.
Was ist es, das stirbt? Was ist Sterben überhaupt? Nicht immer geht es ja um das physische Sterben. Meistens sogar nicht.
Es geht um Beziehungen, die enden oder um Arbeitsverhältnisse; um Ortswechsel, die mit großen Veränderungen einhergehen und um Kinder, die das Haus verlassen. Für Frauen geht es um das Ende ihrer Blutung und Empfängnisbereitschaft; für Männer darum, dass sie mit fortschreitendem Alter weniger starke oder keine Erektion mehr haben. Endlose weitere Beispiele lassen sich finden.
Transformationsprozesse gehören zum Leben dazu. Rituale und Wertschätzung haben wir in unserer Kultur dafür nicht oder kaum.
Das ist ein Problem. Nicht nur, weil es da natürlich nicht verwundert, dass wir auch für den letzten großen Transformationsprozess, den körperlichen Tod, keine Wertschätzung und oft genug auch keinen angemessenen Umgang haben. Sondern auch, weil das Fehlen von sinnhaften gemeinschaftlichen Ritualen für Übergangs – und Transformationsprozesse die Gefahr birgt, dass wir in der Krise steckenbleiben.
Jeder Transformationsprozess beinhaltet (mindestens) einen Krisenmoment. Die wenigsten Menschen können locker bleiben, wenn ihnen die Kontrolle über das Leben entgleitet, wie es der Fall ist, wenn jemand stirbt, sich der Partner/die Partnerin trennt usw.
Es braucht viel Mut, um in diesen Situationen zu vertrauen, dass jede Krise immer auch eine Chance birgt. Und in vielen Fällen braucht es noch viel mehr Mut, weiterleben zu lernen, wenn sich aus diesseitiger Sicht nicht der geringste Sinn finden lässt. Wenn das Geschehen zu schrecklich und zu schmerzhaft scheint für ein Weiterleben. Auch das ist Skorpion. Das Zeichen konfrontiert mitunter mit Gnadenlosigkeit.
Skorpion ist ein Wasserzeichen. Alle Wasserzeichen haben mit der Seele zu tun und damit mit einem Bereich unseres Seins, der sich sowieso der Kontrolle entzieht und unser Vertrauen braucht, um im Lebensfluss zu bleiben.
Hier kommt das berühmte Loslassen ins Spiel. Immer wieder kommen wir an Stationen im Leben, in denen wir schlussendlich anerkennen müssen, dass wir die Kontrolle aufgeben und das Vertrauen und die Hingabe wagen dürfen.
Als junge Frau besaß ich ein Plakat. Darauf war ein Bergsteiger zu sehen, der sich nur mit einer Hand gerade noch an einer Felswand halten konnte. Unter ihm ging es in nicht endende Tiefe. Darunter stand:
Wer frei sein will, muss loslassen können“.
Ich fand das unglaublich witzig. Es beschreibt das Lebensgefühl eines Skorpions, der noch nicht gelernt hat, zu vertrauen.
Skorpion – das ist ganz sicher auch der Magier/die Magierin des Tierkreises. Hier wird gestorben und wieder auferstanden; hier findet Wandlung statt. Das Zeichen Skorpion wird mit Heilkunst in Verbindung gebracht, weil es die Chance beinhaltet, sich den anstehenden Lebensthemen auf einer sehr tiefen und gründlichen Ebene zu widmen.
Immer wieder geht es beim Skorpion um Leben und Tod
Im Winter 2018/2019 bin ich an Brustkrebs erkrankt.
Das war kein kleiner Knoten, das war von jetzt auf gleich ein ziemlich großer Tumor. Innerhalb von kurzer Zeit wurde dann auch seine Aggressivität von Stufe zwei auf drei erhöht.
Wenn man weiß, dass es nur vier Stufen gibt, ist das ziemlich erschreckend.
Mir hat es zu der Zeit so sehr geholfen zu wissen, dass ich einen Skorpion-Aszendenten habe. Nicht, dass es eine einfache Situation war, aber ich konnte mit „meinem Skorpion“ reden. „Das wundert mich nicht“, habe ich gesagt. „Natürlich ist dieser Tumor weit aggressiver als zunächst angenommen. Sonst wäre es dir bestimmt zu wenig dramatisch. Ich versuch mal, darauf zu vertrauen, dass ich mit dir auch stark genug bin, um wieder heile zu werden.“
Ohne die skorpionische Tiefe, ohne die damit verbundenen Krisenerfahrungen, wäre das Leben nicht ganz.
Alle, die sich um neue und weitere Sichtweisen auf die in den kollektiven Schattenbereich verdrängten Themen wie Tod, Trauer, Krisen, Abschiede und auch Krankheit verdient machen, werden nicht müde, darauf hinzuweisen: all das gehört zum Leben dazu.
Im Tierkreis liegen sich Skorpion und Stier gegenüber. Stier steht dabei für das Inkarnieren IN DIE FORM HINEIN. Und im Skorpion STIRBT DIE FORM, wenn sie sich überlebt hat. Und das ist gut und richtig so, denn sonst kann Weiterentwicklung nicht stattfinden.
Im Skorpion jedenfalls haben wir Hunger. Hunger nach Intensität, nach Grenzerfahrungen. Lebenshunger eben.
Das Gefühlsleben in diesem fixen Wasserzeichen ist intensiv. Das Lebensgefühl ebenfalls. So intensiv, dass es oft einfach nur weggedrückt wird. Und das geht dann auf Kosten der eigenen Lebenskraft. Wenn das Zeichen Skorpion in einem Horoskop prominent besetzt ist, kommen wir nicht darum herum, für die starke und intensive Kraft ein geeignetes Ventil zu finden. Sonst kann es sein, dass wir von Krise zu Krise taumeln, uns in unendliche Machtkämpfe verstricken, ständig ums vermeintliche Überleben kämpfen – anstrengend.
Denn jeder, der nicht sein eigenes Selbst beherrscht, würde gerne den Willen des Nachbarn beherrschen.
Goethe
In diesem Sinne: Die Lebens- und Gefühlskraft des Skorpionanteils in uns kennen- und damit umgehen zu lernen, lohnt sich auch deshalb, weil der von Goethe skizzierte Kontrollfreak kein Gewinn für Niemanden ist.
Ein weiteres Bild für den Skorpionbereich ist das des Geburtskanals. Wenn wir drinstecken, ist es eng und dunkel. Wir können nicht sehen, was uns draußen erwartet. Und mitunter wollen wir einfach nicht weiter, weil wir daran zweifeln, dass draußen wirklich eine Welt auf uns wartet. Alles, was wir in diesem Bereich tun können, ist zu vertrauen, dass alles richtig und gut ist. Das Symbol für das Zeichen Skorpion endet mit einem Pfeil nach oben.
Es geht also ganz sicher immer wieder bergauf.
Deshalb heißt es auch, dass Skorpione immer wieder „wie Phönix aus der Asche“ steigen.
Und nicht zuletzt kommt nach dem Skorpion das Zeichen Schütze. Hoffnung und Optimismus pur.
Aber das ist eine andere Geschichte.