Trauer hat so viele verschiedene Facetten, wie es auch Beziehungen zwischen Menschen gibt. Jeder pflegt seine Beziehungen anders und die Bedeutung von Familie ist nicht immer gleich. Für den einen bedeutet Familie alles und für andere ist gerade die Herkunftsfamilie mehr Fluch als Segen.
Oft knirscht es zwischenmenschlich sehr; man ist nicht nur anderer Meinung, sondern hat über die Jahre das Verständnis für das Denken und Handeln des anderen verloren oder im schlimmsten Fall nie gehabt. Und trotzdem fühlt man sich bei allem Unmut tief im Herzen auf eine merkwürdige Art verbunden. Immerhin wurde man in diese Familie hineingeboren – und Blut ist ja bekanntlich dicker als Wasser. Aufgrund der oft verworrenen Situation mag man das dann aber vielleicht nicht zugeben. Schließlich war einem der oder die andere auch nicht immer wohlgesonnen.
Und dann kommt der Tod!
Wenn in so einer Beziehung einer der beiden stirbt, könnte man als Außenstehender meinen: „Na, dann ist ja jetzt auch mal gut!“ Man könnte denken, wenn jemand gestorben ist, zu dem man kein wirklich inniges Verhältnis hatte, tut es weniger weh, als wenn jemand stirbt, mit dem man sich tief verbunden fühlt.
Aber leider ist es nicht so einfach!
Wenn man einen Menschen verliert, zu welchem man im Leben nicht immer das beste Verhältnis hatte, der aber trotzdem eine gewisse Bedeutung für einen hat, dann kann Trauer doppelt weh tun. Man trauert nicht nur um die Person, sondern vor allem auch um eine verlorene Chance, sich mit diesem Menschen auszusöhnen.
Es gibt eben nicht nur schwarz oder weiß, gut oder böse – viel zu oft gehen Menschen zu Lebzeiten eine Art vergiftete Symbiose ein, die nie aufgelöst wird. Sie wird im übertragenen Sinne dann sogar vom Verstorbenen mit in den Tod genommen. Für den Überlebenden kann es dann mitunter sogar sehr schwer werden, ohne diese toxische Symbiose weiterzuleben.
Zugegeben, im ersten Schockmoment kommt vielleicht sogar so etwas wie Erleichterung auf. Es könnte endlich Ruhe einkehren, und die schwierigen zwischenmenschlichen Reibereien haben endlich ein Ende. Aber sehr schnell weicht dieser Erleichterung einer unfassbaren Trauer. Das Schlimmste an alledem ist die Erkenntnis, dass jegliche Chance auf Wiedergutmachung nun endgültig verwirkt ist. Trauert man also anders, wenn man Vater, Mutter, Schwester, Bruder oder Partner verloren hat, zu denen man zu Lebzeiten nie das Verhältnis hatte, das man sich gewünscht hätte?
Ja, ganz sicher!
In diesem Fall erfasst einen die Trauer oft noch viel schwerer. Die ungelösten Probleme und Auseinandersetzungen hinterlassen dann häufig traumatische Spuren. Diese können schwieriger und belastender sein, als der Verlust eines wirklich geliebten Menschen.
Nach einer schweren Phase der Trauer, können Menschen über den Tod hinaus noch eine gewisse Verbindung zu den Toten spüren. Die Verstorbenen werden oft zu Schutzengeln oder spirituellen Begleiter und die Überlebenden haben ein tiefes Gefühl der Verbundenheit. Schwer vorstellbar, dass Menschen, die einen nahen Angehörigen verloren haben, mit dem sie eben nicht immer das beste Verhältnis hatten, dieses Gefühl erreichen werden. Hier bedarf es über die normale Trauerbegleitung hinaus Hilfe von Dritten. Hier geht es um Vergebungsarbeit, Reflektion und Akzeptanz. Problematisch ist jedoch, dass dieses Thema häufig sehr stark mit Scham besetzt ist. Wer will schon schlecht über einen Toten, beziehungsweise über seine schwierige Beziehung zu Verstorbenen, reden?
In jedem Fall sollte man nie unterschätzen, wie sensibel man mit Trauernden umgehen muss, die einen Menschen aus einer toxischen Beziehung verloren haben. Bitte niemals sagen man könne die Trauer gar nicht nachvollziehen, da doch zu Lebzeiten alles so schlimm gewesen sei. Bitte niemals sagen, jetzt müsse doch alles gut sein. Gut ist im Zusammenhang mit Trauer für sehr, sehr lange Zeit nichts, egal wie viel oder wenig man den Verstorbenen geliebt hat. Jeder trauert völlig anders und niemand kann die Gefühle des anderen nachvollziehen. Wir können nur respektieren und zuhören sowie mit viel Verständnis und Mitgefühl unterstützen.
Zitat:
“Trauer doppelt weh tun.
Man trauert nicht nur um die Person, sondern vor allem auch um eine verlorene Chance, sich mit diesem Menschen auszusöhnen.”
Das Prinzip Hoffnung bis in den Tod hinein?
Genau das ist das Problem!
Menschen die in einer toxisch narzisstischen Symbiose stecken, hoffen immer wieder, dass eines Tages alles wieder gut wird. Das wäre es auch zu Lebzeiten nicht geworden, da die toxische Person nicht sehen kann, was alle anderen sehen. Narzissten und Narzisstinnen haben dort, wo andere Mitgefühl haben, einen blinden Fleck.
Leider wird auch in diesem Artikel das Prinzip Hoffnung gepredigt.
Genau das ist aber der Punkt, an dem man sich immer wieder selbst auf den Leim geht.
Wenn jemand das traumatische Band auflösen will, dann muss der/diejenige verstehen, dass es keine Hoffnung auf Änderung gibt.
Die einzige Hoffnung, die man hat:
Sich selbst verändern.
Das Band durchtrennen und selbst ein schönes und glückliches Leben führen.
Hallo Max,
es ist richtig, man darf eine zugrunde liegende Erkrankung/Störung, die oft zu einer toxischen Beziehungsdynamik nicht außer Acht lassen. Insbesondere für die Betroffenen, die meist sehr lange um ihre Selbstwahrnehmung und -wirksamkeit ringen. Es ist immer der Ausgangspunkt und die Ressourcen, die die Richtung der Hoffnung vorgeben.
Danke für Deine Gedanken und den weiteren, sehr wichtigen Blickwinkel.
Hallo Max, danke für Deine Sicht der Dinge. Es geht mir bei diesem Thema nicht so sehr um die Hoffnung, sondern viel mehr um das Verständnis, welches ich wecken wollte. Verständnis für die besondere emotionale Belastung der Trauernden aus toxischen Beziehungen. Denn egal warum eine Beziehung toxisch war, mit dem Tod gibt es nicht automatisch eine “Befreiung”, was aber viele Außenstehende oft von den Betroffenen erwarten bzw. in so einer Situation annehmen. Wie Du ganz richtig schreibst, wenn jemand das traumatische Band auflösen will, muss der/diejenige selbst aktiv werden, der Tod macht dies nur noch viel komplizierter und schwieriger für die Betroffenen und dafür wollte ich Verständnis wecken.
Hallo,
Ich fand den Text sehr ergreifend. Der Vater meiner Kinder, schwer Alkoholkrank, zum Ende narzisstisch und toxisch hat meine Tochter in ein tiefes Loch gestoßen. Sie ist 12. Diabetes Typ 1, neu dazu adhs und Depression. Er hat sich zu Tode getrunken, ihr aber immer versprochen er geht zum Arzt. Er ist im Mai 2023 gestorben. Sie ist seit dem ein psychisches nervenbündel. Wir bekommen Hilfe, aber ich weiß manchmal nicht mehr weiter. Sie übernimmt manchmal diese toxische Art gegenüber ihrer Schwester. Ich versuche ihr Verständnis und Mitgefühl zu zeigen, wirklich. Aber leider triggern mich ihr Verhalten sehr….